Umfrage KAM-Barometer Erfahrungsmedizin ist beliebt und wirkt


Die Erfahrungsmedizin – oder Komplementär- und Alternativmedizin (KAM) – ist hierzulande nicht nur grundsätzlich sehr beliebt, die Behandlungen werden auch als wirksam und erfolgreich beurteilt. Dies hat die grösste je in der Schweiz durchgeführte Umfrage zu diesem Thema ergeben: das KAM-Barometer, das vom ErfahrungsMedizinischen Register EMR in Auftrag gegeben wurde.

Dies sind die eindrücklichen Hauptergebnisse des KAM-Barometers:

  • Zwei Drittel der Schweizerinnen und Schweizer haben schon Methoden der Komplementär- und Alternativmedizin genutzt – die Hälfte der Befragten alleine in den letzten drei Jahren (vor der Umfrage).
  • 88 % der Schweizerinnen und Schweizer sehen die Komplementär- und Alternativmedizin als sinnvoll an.
  • 84 % der Nutzenden stufen KAM-Behandlungen als sehr erfolgreich bis genügend ein (56 % als sehr erfolgreich bis erfolgreich).

Stark verbreitet

65 % der Befragten haben schon einmal KAM in Anspruch genommen. Bei insgesamt 47 % liegt diese Erfahrung maximal drei Jahre zurück (sogenannt aktuell Nutzende). Knapp ein Fünftel (19 %) hat sich in diesem Zeitraum mehrmals behandeln lassen oder selbst behandelt.

Nutzung von KAM durch die Schweizer Bevölkerung

Kreisdiagramm: Nutzung von KAM durch die Schweizer Bevölkerung Kreisdiagramm: Nutzung von KAM durch die Schweizer Bevölkerung mobile

Unterschiede treten vor allem zwischen den Geschlechtern und den Altersgruppen auf. Frauen (51 % aktuell Nutzende) nutzen KAM etwas häufiger als Männer (41 %). Bei Personen unter 55 Jahren fällt der Anteil aktuell Nutzender höher aus (51 % der 16- bis 54-Jährigen) als bei älteren Personen (38 %), wobei er in der Gruppe der 36- bis 45-Jährigen am höchsten ist (55 %). In der französischen Schweiz liegt dieser Anteil mit 51 % der Befragten leicht über jenem in der Deutschschweiz (45 %) und der italienischen Schweiz (46 %).

Sehr positive Einstellung – fünf Typen

Gleich 88 % der Befragten sind der Ansicht, KAM könne entweder als Ergänzung (63 %) oder wenn immer möglich als Alternative zur Schulmedizin (25 %) sinnvoll eingesetzt werden. Lediglich 4 % sehen keine sinnvollen Einsatzmöglichkeiten (und 8 % wissen es nicht).

Bezüglich der Nutzung von KAM und der Einstellungen dazu schälen sich fünf Typen heraus: Gut zwei Fünftel der Bevölkerung nutzen KAM aktuell und sehen diese primär als Ergänzung zur Schulmedizin (43 %). Ein Fünftel (22 %) hat KAM zwar noch nie beansprucht, sieht aber sinnvolle Einsatzmöglichkeiten. Ein weiteres Fünftel sind KAM-Nutzende, welche diese wenn angebracht der Schulmedizin vorziehen (19 %). Eine kleine Minderheit ist entweder desinteressiert (3 %) oder enttäuscht (1 %).

Typologie der Grundhaltungen zur KAM

Kreisdiagramm: Typologie der Grundhaltungen zur KAM Kreisdiagramm: Typologie der Grundhaltungen zur KAM mobile

Für grosse Mehrheit wirksam – bei vielen Beschwerden

Eine grosse Mehrheit der Befragten (84 %) empfindet die genutzten Behandlungen als sehr erfolgreich bis genügend wirksam (sehr erfolgreich 31 %, erfolgreich 25 %, genügend 28 %). Lediglich 3 % stufen sie als gänzlich erfolglos ein.

Erfolg der Behandlung

Kreisdiagramm: Erfolg der Behandlung Kreisdiagramm: Erfolg der Behandlung mobile

Fast 90 % würden bei gleicher Beschwerde die gleiche Methode wohl nochmals anwenden (59 % ja, 29 % eher ja). Und viele sehen eine KAM-Behandlung nicht als etwas Einmaliges, sondern wollen sie als gesundheitsfördernde Massnahme weiterführen (regelmässig 34 %, sporadisch 48 %). Bei 87 % der Behandlungen nennen die Befragten weitere positive Wirkungen wie einen allgemein verbesserten Gesundheitszustand oder ein gesundheitsbewussteres Alltagsverhalten (z.B. in Bezug auf Entspannung, Bewegung und Ernährung).

Und welche Beschwerden werden mit KAM behandelt? Das KAM-Barometer zeigt eine breite Palette: Insgesamt 91 Beschwerden sind genannt. An der Spitze stehen Nacken-/Rückenschmerzen (14 % aller Behandlungen), allgemeine Muskelschmerzen oder -krämpfe (8 %) und Gelenkschmerzen (7 %). Dahinter folgen Allergien, rheumatische Gelenkbeschwerden, Bandscheibenvorfall (Diskushernie), Kopfschmerzen, Angststörungen und Phobien, Stress und Nervosität sowie Akne.

Wahl der Methode ist Vertrauenssache

Die Wahl der Methode ist für die Schweizer Bevölkerung eindeutig Vertrauenssache: In gut jedem dritten Fall (36 %) trifft man sie auf Empfehlung aus dem persönlichen Umfeld, ähnlich oft auf ärztliche Empfehlung oder anderer Gesundheits-Fachpersonen (29 %) und in 32 % der Fälle aufgrund der Erfahrungen aus früheren Behandlungen. Bei jeder fünften Behandlung (20 %) erfolgt die Wahl der Methode aufgrund einer Suche im Internet, wegen eines Flyers oder eines Inserats (mehrere Antworten zulässig).

Für KAM-Behandlungen werden mehrheitlich Therapeutinnen und Therapeuten aufgesucht (63 %). Etwa jede fünfte Behandlung erfolgt bei Ärztinnen oder Ärzten, die auch KAM-Methoden anbieten (21 %). In 17 % der Fälle nehmen die Befragten gemäss KAM-Barometer Medikamente ohne Verordnung ein oder behandeln sich selbst – aber auch diese «Selbstbehandler» lassen sich mehrheitlich von Gesundheits-Fachpersonal beraten (Apotheke/Drogerie, Ärztin/Arzt, Therapeutin/Therapeut).

Die Erkenntnisse des KAM-Barometers stützen sich auf eine bevölkerungsrepräsentative Online-Umfrage im Juni und Juli 2021 bei 6375 Personen ab 16 Jahren. Bei den Prozentwerten ist zu beachten, dass sie nur eine Schätzung des «wahren Werts» in der Bevölkerung darstellen und dieser um einige Prozentpunkte um den Schätzwert streuen kann. Die vom EMR in Auftrag gegebene Umfrage führte das auf diesem Gebiet spezialisierte Institut Polyquest AG mit methodischer Unterstützung der Büro Vatter AG durch. Dies ist die Quelle für die oben aufgeführten Informationen und Grafiken: Christian Bolliger, Markus Simon (2021). KAM-Barometer – Studie zu den Erfahrungen der Schweizer Bevölkerung mit der Komplementär- und Alternativmedizin. Initiiert und herausgegeben vom ErfahrungsMedizinischen Register EMR. Basel